Digitale Fertigung: Best of Suite oder Best of Breed?
Digitale Technologien helfen der Industrie, effizienter, günstiger, nachhaltiger und termintreuer zu produzieren. Es sind wirksame Hebel, mit denen Unternehmen die Komplexität variantenreicher Produktion beherrschen und ihre Position am Markt stärken. Die Digitalisierung ist daher keine Frage des „wieso“. Es geht darum, wie Unternehmen ihre digitale Fertigung agil und zukunftssicher gestalten. Eine wesentliche Rolle spielt die Auswahl der Software-Tools für die Digitalisierung. Hierbei kommen zwei Strategien in Frage: Best of Breed sowie Best of Suite. Welcher Ansatz in der Fertigung sinnvoller ist, erläutern wir in diesem Beitrag anhand eines Beispiels.
Best of Breed vs. Best of Suite
Wer sich mit der Digitalisierung der industriellen Produktion befasst, stößt schnell auf zahlreiche Anbieter und Lösungen: von umfangreichen Plattformen, die mehrere Aufgaben abdecken, über Manufacturing Execution Systems (MES) und spezialisierte Tools wie Advanced-Planning-and-Scheduling-(APS)-Systeme bis hin zu Big-Data- und KI-Anwendungen. Ein genauerer Blick auf den Markt für Fertigungs-Software zeigt, dass sich die Digitalisierung wie auch in anderen Branchen auf zwei Arten angehen lässt.
Best of Suite: Der Best-of-Suite-Ansatz setzt auf Zentralisierung. Unternehmen wählen eine integrierte Suite oder Plattform, deren Module möglichst viele Einzelbereiche der Produktion bedienen. Sie nutzen für die Digitalisierung der Fertigung ein komplettes System, das Funktionen und Prozesse an einem Ort bündelt.
Best of Breed: Bei dieser Strategie wählen Unternehmen für jeden Aufgabenbereich die Software, die ihre jeweiligen Anforderungen ideal bedient. Sie kombinieren die Einzellösungen verschiedener Anbieter zu einem individuellen Gesamtsystem, in dem die Tools sich bestenfalls ergänzen und unterstützen.
Welcher Ansatz ist wann geeignet?
Der große Vorteil von Best of Suite ist der generalistische „One-for-all“-Ansatz. Setzen Unternehmen auf eine umfassende Komplettlösung, reduziert dies den Aufwand für Implementierung, Wartung, Schulung sowie die Abstimmung mit mehreren unterschiedlichen Software-Anbietern. Sie erzeugen ein einheitliches Erlebnis für Nutzer*innen und sparen sich die Arbeit, die mit der Auswahl, Integration und Pflege von Einzelsystemen einhergeht.
Diese Faktoren machen die Best-of-Suite-Strategie in vielen Branchen und Szenarien interessant. Für die industrielle Produktion gilt das allerdings nicht. Hier müssen besonders viele Funktionsbereiche ineinandergreifen, damit Prozesse reibungslos funktionieren. Zum Beispiel:
- Produktentwicklung und Arbeitsvorbereitung (üblicherweise im PLM-System)
- Bedarfs- und Absatzplanung (ERP-System)
- Produktionsplanung (APS)
- Produktionsdurchführung und -monitoring (MES).
Zwar gibt es ERP- und PLM-Lösungen, die auch MES-Funktionalitäten integriert anbieten. Allerdings deckt keines der Systeme alle Bereiche ab. Typischerweise sind auch die Funktionen zur Produktionsplanung in ERP- oder PLM-Systemen nur gering ausgeprägt. Daher setzen insbesondere Unternehmen mit komplexeren Produktionsprozessen ein dediziertes APS-Tool ein, um einen optimalen Produktionsplan zu erhalten.
Dazu besteht bei der Lieferantenauswahl nach dem Best-of-Suite-Ansatz die Gefahr eines Vendor lock-ins. Wenn Unternehmen sich für einen Anbieter entscheiden, der weite Teile eines Prozesses abdeckt, entsteht schlechtesten Falls eine starke Abhängigkeit. Da ein Wechsel des Systems aufwändig und teuer wäre, befinden sich Kunden in einer ungünstigen Verhandlungsposition, zum Beispiel bei Preiserhöhungen.
Vor diesem Hintergrund ist der Best-of-Breed-Ansatz in der Fertigung der geeignetere Weg. Unternehmen schneiden sich ihr digitales Ökosystem passgenau auf ihre Prozesse zu, integrieren Technologien im eigenen Tempo und bearbeiten jede Aufgabe mit einem Tool, das darauf spezialisiert ist. Wenn sie dabei von vornherein auf passende Schnittstellen und Systemintegration achten, entstehen durchgehende digitale Prozesse.
Best of Breed in der Fertigung – ein Beispiel
Das Erfolgsrezept bei der Digitalisierung der Produktion ist, Fertigungsplanung und -abwicklung gemeinsam zu denken. Insellösungen, die mangels Schnittstellen und Prozessen unabhängig agieren, sind zwingend zu vermeiden. Stattdessen ergeben sich durch die Kombination der einzelnen Tools idealerweise Synergieeffekte, von denen das ganze Unternehmen profitiert.
Wie das funktionieren kann, verdeutlicht ein Beispiel: Die Kombination von FELIOS und CONTACT Elements for IoT.
FELIOS: APS für verlässliche Grob- und Feinplanung
FELIOS ist ein APS für Unternehmen, deren Fertigung von komplexen Strukturen und hohem Variantenreichtum geprägt ist. Das Tool des Aachener Software-Anbieters INFORM schlägt eine Brücke zwischen Shopfloor und den vorgelagerten Bereichen wie Konstruktion, Einkauf, Vertrieb und Montage. Dadurch können Planungsprozesse intelligenter gestaltet, ganzheitlich verbessert und die richtigen Teile zur richtigen Zeit produziert werden.
Mit FELIOS lassen sich bedarfsgerechte Produktionspläne unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Ressourcen, Material und Maschinenkapazität erstellen. Diese detaillierte Feinplanung erhöht die Effizienz und Termintreue in der Produktion. Unternehmen sparen nicht nur Kosten, sondern vermeiden auch emissionsstarke Zusatzfahrten für fehlende Teile. Dank termingerechter Auslieferung steigt die Kundenzufriedenheit.
Ihre Funktionstiefe unterscheidet APS-Systeme wie FELIOS von Planungsfunktionen generischer Software wie ERP-Systeme. Diese planen oft gegen unbegrenzte Kapazitäten, sodass die Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen oder das Vorhandensein des benötigten Materials nicht berücksichtigt wird.
FELIOS-APS ermöglicht eine bereichsübergreifende Produktionsplanung und -steuerung. Für eine ganzheitliche Digitalisierung der Fertigung sollte es jedoch mit weiteren Tools verknüpft werden.
Elements for IoT: Mehr als reines MES
CONTACT Elements for IoT ist eine Software, die neben den Steuerungsfunktionen eines MES auch Aufgaben wie Service, Instandhaltung und Energiemanagement unterstützt. Sie lässt sich dank der zugrundeliegenden Elements-Plattform flexibel auf die Anforderungen eines Unternehmens zuschneiden und über integrierte Schnittstellen mit externen Anwendungen verknüpfen.
Anders als die meisten MES konzentriert sich Elements for IoT nicht nur auf die Durchführung der Fertigung. Das Tool ermöglicht es, fertigungsbezogene Daten über IT-System-Domänen (ERP, PLM, QMS etc.) hinweg auszutauschen und abteilungsübergreifend für Prozessverbesserungen zu verwenden. Unternehmen erfassen Fertigungsdaten in Echtzeit und verarbeiten und visualisieren sie in Digitalen Zwillingen. Sie erzeugen Transparenz über alle Abläufe auf dem Shopfloor und überführen Daten in automatisierte Prozesse.
Elements for IoT verbindet die Enterprise-IT mit den OT-Daten aus dem Shopfloor. Damit folgt die Lösung dem Konzept des Manufacturing Operations Management (MOM). Ihre Stärken prädestinieren sie für eine zentrale Rolle im Rahmen der Digitalisierung. Eine Grob- und Feinplanung ist in dem Tool jedoch nicht möglich. Vielmehr setzt Elements for IoT voraus, dass ein fertiger Produktionsplan aus einer anderen Quelle (zum Beispiel einem APS-Tool) eingespielt wird.
Wie profitieren Unternehmen von der Kombination beider Tools?
Für sich genommen leisten FELIOS und Elements for IoT bereits einen wichtigen Beitrag für die Digitalisierung der Fertigung. Den größten Mehrwert erzeugen beide Tools aber erst im Zusammenspiel:
- Um die Planung bestmöglich zu gestalten, benötigt das APS Rückmeldungen aus dem Shopfloor. Wird etwa ein Fertigungsplan nicht wie vorgesehen ausgeführt, ist das eine Information, die das APS für künftige Planungen kennen muss.
- Elements for IoT wiederum benötigt einen Fertigungsplan als Input. Andernfalls kann das System die Abwicklung von Fertigungsaufträgen nicht unterstützen.
Die Kombination aus FELIOS und Elements for IoT integriert Planung und Steuerung in einen durchgängigen digitalen Workflow. Das APS erstellt aus den Daten des ERP-Systems optimierte Produktionspläne und leitet diese an das MES weiter. Elements for IoT überwacht die Maschinensteuerung sowie den Produktionsfortschritt und setzt den Plan auf dem Shopfloor um. Zugleich sammelt die Software Echtzeit-Daten von Maschinen und Produktion, die der Analyse und Verbesserung von Prozessen dienen.
FELIOS erleichtert es, Verschwendung durch eine intelligente Planung zu vermeiden und die Produktion nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig gegen begrenzte Ressourcen zu kalkulieren. Elements for IoT wiederum liefert neben leistungsstarken MES-Funktionen ein Fundament für die Digitalisierung, auf dem dedizierte Software wie FELIOS problemlos andocken kann. Die Vorteile des Best-of-Suite-Gedanken kombinieren Unternehmen in diesem Fall mit der Flexibilität und Agilität von Best of Breed.
Software für digitale Fertigung auf der HANNOVER MESSE erleben
Wie die Verbindung beider Lösungen Ihre digitale Fabrik in der Praxis voranbringt, verraten Ihnen die Expert*innen beider Unternehmen gerne im persönlichen Gespräch. Zum Beispiel auf der HANNOVER MESSE 2025:
- INFORM zeigt spannende Einblicke rund um das Thema smarte Produktionsplanung. Von der Optimierung verschiedener Planungsbereiche, wie die Montage- und Fertigungsplanung, Schicht- und Mitarbeitereinsatzplanung und strategischer Kapazitätsbedarfsplanung bis hin zur Konstruktionsplanung, Einkaufsdisposition und Bestandsoptimierung optimiert FELIOS inklusive KI-basiertem Chatbot die Produktion. (Halle 15, Stand 59)
- CONTACT Software präsentiert innovative Lösungen zur Digitalisierung der Fertigung. Führungskräfte und Fachanwender*innen erleben an interaktiv gestalteten Stationen, wie die CONTACT-Produkte Unternehmen in Bereichen wie PLM, Product Engineering, Energiemanagement und KI unterstützen. (Halle 17, Stand H24)