Projektmanagement
Mehr Variantenvielfalt und immer höhere Innovationsraten führen in der Produktentwicklung seit Jahren zu steigender Komplexität der Produkte und der Entwicklungsprozesse – und das bei kürzeren Entwicklungszyklen, die über weltweit verteilte Standorte gemanagt werden müssen. Ein Schlüsselfaktor, um unter diesen Voraussetzungen erfolgreich agieren zu können, ist das Projektmanagement. Unternehmen, die sowohl prozesssicher vorgehen als auch im Bedarfsfall ihre Projekte agil vorantreiben können, sind bestmöglich aufgestellt. Mit hybriden Methoden lassen sich klassische und agile Vorgehensweisen verbinden.
Laut DIN 699011 ist ein Projekt ein
Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, z.B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben, projektspezifische Organisation.
Abweichend von den gängigen Definitionen des Projektbegriffs und den konstituierenden Projektkriterien2 wird Projektmanagement vielfach lediglich mit Terminplanung und allenfalls noch Ressourcenplanung gleichgesetzt. Der Projektplanung sollte jedoch zuerst einmal eine Projektdefinitionsphase vorangestellt werden, in der das Projektziel, das Budget und der Zeitrahmen geklärt und dokumentiert werden. Für die Planung wird zunächst ein Projektstrukturplan entwickelt, auf dessen Basis ein Meilensteinplan und ein grober Terminplan erstellt und die generelle Ressourcenbedarfsplanung definiert sowie ein Kostenplan aufgestellt werden.
Die Umsetzung als Prüfstein des Projektmanagements
Die wahre Qualität des Projektmanagements offenbart sich jedoch erst in der Projektdurchführung: Alle Projektteam-Mitglieder müssen ihre Aufgaben kennen und zum richtigen Zeitpunkt über alle Informationen verfügen, die sie dazu benötigen − von einer klaren Definition des Aufgabenpakets über die Aufgabenverteilung bis zu den dafür erforderlichen technischen Unterlagen und Begleitdokumenten wie Normen und Richtlinien. Während der Projektumsetzung sind gutes Teammanagement und eine reibungslose Kollaboration die Eckpfeiler für ein effizientes Projekt.
Der Projektleiter muss den Projektfortschritt kontrollieren und steuern. Störungen und Probleme müssen so früh wie möglich erkannt, Offene-Punkte-Listen geführt und mit geeigneten Maßnahmen gegengesteuert werden. Checklisten und Deliverables (Liefergegenstände) sorgen für eine prozesssichere Umsetzung des Projekts, egal ob auf der Ebene von Projektmeilensteinen (z.B. Quality Gates in einem Stage-Gate-Prozess) oder auf der Ebene operativer Arbeitspakete.
Zundehmende Unsicherheiten und neue Anforderungen sprechen für agile Vorgehensweisen
Jedoch legen zunehmende Disruptionen und Unsicherheiten sowie die Anforderungen der digitalen Transformation nahe, vom klassischen Projektmanagement abzuweichen und agile Methoden der Zusammenarbeit in Projekten stärker in den Fokus zu rücken. Die agilen Vorgehensweisen aus der Softwareentwicklung werden in immer stärkerem Maße auch in Engineering-Projekten nachgefragt oder bereits eingesetzt. Die Idee dabei ist: Ein agiles Projekt wird nicht komplett durchgeplant wie im klassischen Projektmanagement. Wegen der starken Unsicherheiten fährt man „auf Sicht“. (…)
Im Grunde geht es darum, in überschaubaren Zeitabschnitten jeweils Projektteillösungen zu erarbeiten – aber dabei immer wieder auf sich ändernde Rahmenbedingungen und neue Anforderungen einzugehen. Projektlösungen entstehen auf diese Weise in iterativen Teilschritten, die schnelle Feedback- und Lernzyklen ermöglichen. So kann der sich im Projektverlauf ergebende Erkenntnisfortschritt bei der Erarbeitung von Projektteillösungen berücksichtigt werden.3
Mit hybridem Projektmanagement klassische und agile Methoden verbinden
Bei der Adaption agiler Methoden gilt es, die besonderen Anforderungen an das Projektmanagement in der Produktentwicklung zu berücksichtigen. Das Konzept hybrider Projektmethoden hat sich als aussichtsreicher Ansatz zur erfolgreichen Verbindung von traditionellen und agilen Vorgehensweisen etabliert. Hybrides Projektmanagement als Kombination einer klassischen Rahmenplanung mit agiler Methodik − beispielsweise für Phasen, Arbeitspakete oder Produktstrukturelemente − erlaubt es, den etablierten Produktentwicklungsprozess einzuhalten und dennoch agil und flexibel voranschreiten zu können.
Dabei gilt es, für jedes Projekt oder einzelne Projektteile je nach Bekanntheit der Anforderungen und Technologiebeherrschung den richtigen Grad an Agilität zu wählen (Stacey-Matrix). Erfolgt das agile Vorgehen in der Produktentwicklung im Rahmen etablierter Leitplanken des Produktentwicklungsprozesses, wird es möglich, nicht nur ein vorab geplantes Projekt durchzusteuern, sondern auch im Laufe des Projekts umsteuern zu können, um technologischen Herausforderungen und geänderten Anforderungen flexibel Rechnung tragen zu können.4
Schlüsselfaktor PLM-Integration
Im Unterschied zu klassischen Projektmanagementwerkzeugen wie MS Project bietet ein PLM-integriertes Projektmanagement den Vorteil, die Projektmanagementbausteine direkt mit den zu liefernden Arbeitsergebnissen wie Dokumenten, Bauteilen, Produkten usw. verknüpfen zu können. Die Integration der Projektorganisationsdaten mit den Produktdaten im PLM-System ermöglicht sämtlichen Projektbeteiligten jederzeit Zugriff auf alle benötigten Informationen im Kontext der beiden Perspektiven – Projektprozess und Produkt. Die Bearbeiter können im Kontext einer Aufgabe direkt auf Artikel, 3D-Modelle, Konstruktionszeichnungen, Simulationen, Konzepte oder andere Unterlagen zugreifen bzw. diese erstellen. Dabei können sie ohne Medienbruch in die Produktstruktur oder Stücklisten navigieren oder umgekehrt direkt zu einem Bauteil die noch zu erledigenden Aufgaben einsehen und abarbeiten.
Zu den zentralen Zielsetzungen des kombinierten Einsatzes von genuinen Projektmanagementfunktionen wie Termin- und Ressourcenplanung mit PLM-Funktionen wie z.B. Workflow Management, Engineering Change Management und Dokumentenmanagement zählt die verbesserte Abstimmung zwischen Abteilungen, Disziplinen, Standorten und Organisationen, um Projektlaufzeiten zu verkürzen. Leistungsfähige PLM-Systeme ermöglichen mit Dashboards und Reports jederzeitigen Zugriff auf Projektdetails als auch Überblick in einem Multiprojekt-Portfolio oder im Rahmen eines Programmmanagements.
Neben der methodischen Flexibiltät, traditionelle und agile Methoden kombinieren zu können, und einer integrierten Plattform sowohl für die Planung, Steuerung und Kontrolle der Projektausführung als auch für die Produktdaten, zählen geeignete Kollaborations- und Kommunikationswerkzeuge zu den Voraussetzungen eines erfolgreichen Projektmanagements in der Produktentwicklung.
Standards und Normen
- Die DIN-Normenreihe DIN 69901 beschreibt Grundlagen, Prozesse, Prozessmodell, Methoden, Daten, Datenmodell und Begriffe im Projektmanagement
- CMMI: Capability Maturity Model Integration
- ISO 10006 ist eine Qualitätsmanagementnorm und enthält den Leitfaden für Qualitätsmanagement in Projekten.
- Project Management Body of Knowledge (PMBoK): Der Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBoK Guide) ist ein weit verbreiteter Projektmanagement-Standard und zentrale Referenz des US-amerikanischen Project Management Institute (PMI), von dem er auch herausgegeben und unterhalten wird.
- Wikipedia: Projektmanagementmethode
Vereine und Verbände
- Project Management Institute (PMI): 1969 gegründeter, weltweit tätiger US-amerikanischer Projektmanagementverband mit mehr als einer halben Million Mitgliedern in 185 Ländern weltweit.
- International Project Management Association (IPMA): Internationale Promoterin des Projektmanagements, als Dachverband vereint sie mehr als 50 Member Associations von allen Kontinenten und deren 40.000 Mitglieder.
- Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. (GPM): Die GPM ist die deutsche Vertreterin der IPMA, die die Arbeiten der Member Associations auf internationaler Ebene zusammenführt.